
Am 12. Januar 2025 stehen die Hamburger Wähler vor einer doppelten Herausforderung: Die Wahlen zum Bundestag am 23. Februar und zur Bürgerschaft am 2. März könnten durch die enge Taktung der Wahltermine sowohl Chancen als auch Risiken für die politischen Parteien mit sich bringen. Laut dem Politikberater Bendix Hügelmann ist es entscheidend, dass die Parteien ihre Wahlbotschaften klar differenzieren. Er betont, dass bundespolitische Themen die Bürgerschaftswahl maßgeblich beeinflussen könnten, da viele Wähler die beiden Wahlkampfstrategien in ihre Entscheidungsfindung einbeziehen werden. Dies könnte insbesondere für Wechselwähler wichtig sein, die weniger stark an eine Partei gebunden sind.
Hügelmann ist sich bewusst, dass die Reihenfolge der Wahlen auch für die Einschätzung der Ergebnisse relevant ist, da Trends aus der Bundestagswahl möglicherweise die Wahrnehmung der Bürgerschaftswahl prägen. Die Taktung kann dabei sowohl zu einer Mobilisierung der Wähler als auch zu Wahlmüdigkeit führen. Dennoch erwartet der politische Kommunikationsprofi einen leichten Anstieg der Wahlbeteiligung im Vergleich zu früheren Wahlen.
Aktuelle Umfragen und Wahlverhalten
Die Umfragewerte in Hamburg zeigen folgendermaßen: Die SPD liegt aktuell bei 32%, gefolgt von den Grünen mit 20%, der CDU mit 17%, der AfD mit 10% und der Linken mit 7%. Die FDP und die BSW erzielen jeweils nur 4%. Angesichts dieser Ausgangslage könnte der „Mitzieheffekt“ bei positivem Bundestrend für größere Parteien wie die SPD oder die Grünen von Bedeutung sein. Im Gegensatz dazu könnten kleinere Parteien von klaren Abgrenzungen zu bundespolitischen Themen profitieren, um ihre Wählerbasis zu konsolidieren.
Ein zunehmender Fokus auf digitale Kommunikationskanäle wird observiert, da Parteien versuchen, insbesondere jüngere Wähler anzusprechen. Dies wird besonders relevant, da Plattformen wie TikTok, Instagram und Facebook eine zentrale Rolle in der Verbreitung von Wahlinhalten übernehmen. Die AfD hat dabei eine Vorreiterrolle auf TikTok eingenommen, wo sie mehr Follower hat als andere Parteien in Hamburg. Mit über 26.700 Anhängern nutzt die Partei diese Plattform aktiv, um ihre Botschaften zu verbreiten. Allerdings zeigt sich ein allgemeines Zögern der Parteien, TikTok intensiv zu nutzen, obwohl 23 Millionen Deutsche diese Plattform aktiv nutzen.
Soziale Medien im Wahlkampf
Die Bedeutung sozialer Medien für die Wahlen wird unterschiedlich eingeschätzt. Judith Möller, Professorin für empirische Kommunikationsforschung, stellt fest, dass die Wahlentscheidung von zahlreichen Faktoren abhängt und der Einfluss sozialer Medien auf die Wählerverhalten eher gering und schwer zu quantifizieren ist. Andreas Jungherr weist darauf hin, dass kurzfristige soziale Medienkampagnen in der Regel nicht für den Wahlentscheid entscheidend sind, sondern die kumulative Wirkung von Informationen langfristig Einfluss auf die Meinungsbildung hat. Besonders die AfD und ihre Jugendorganisation Junge Alternative sind auf TikTok sehr aktiv, was zu einer einseitigen Meinungsbildung führen kann.
Die Corona-Pandemie hat viele traditionelle Wahlkampfmethoden eingeschränkt und die Parteien gezwungen, ihren Fokus verstärkt ins Internet zu verlagern. Studien zeigen, dass 37% der Deutschen soziale Medien auch als Nachrichtenquelle nutzen, ein Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren. Während ältere Wähler oft über traditionelle Medien informiert werden, sind besonders 56% der 18- bis 24-Jährigen auf soziale Medien angewiesen, um sich eine Meinung zu bilden.
Umso wichtiger wird es für die Etablierten Parteien, soziale Medien aktiv zu nutzen, um gegen die stärker werdenden radikalen Stimmen vorzugehen und die pluralistische Demokratie zu unterstützen. Martin Fuchs, ein Social-Media-Experte, hebt hervor, dass die Mobilisierung von Wählern über 50 wichtiger ist als die der Jungwähler, was ein Umdenken in der Kommunikationsstrategie erforderlich macht.
In Anbetracht der bevorstehenden Wahlen wird der Umgang mit sozialen Medien kritisch sein. Parteien, die einen ausgewogenen und differenzierten Kommunikationsstil pflegen, könnten in der Lage sein, die Wählerschaft erfolgreicher anzusprechen und der Polarisierung entgegenzuwirken. Die Türen stehen offen für innovative Ansätze, die auf die individuellen Bedürfnisse der Wähler zugeschnitten sind, besonders in einer Zeit, in der digitale Präsenz mehr denn je von Bedeutung ist.