
Um 1900 war Altona eine der am dichtesten besiedelten Städte im Deutschen Reich mit rund 200.000 Einwohnern. Die drastische Überbevölkerung in Arbeiterquartieren wie Ottensen, Bahrenfeld und Altona-Nord machte die Lebensbedingungen unerträglich. Hohe Mieten und ein geringes Wohnungsangebot führten dazu, dass mehrere Familien sich eine einzige Wohnung teilen mussten. Besonders ledige Männer, auch als Schlafgänger bekannt, mieteten oft nur einen Platz im Bett, was die überfüllte Wohnsituation weiter verschärfte.
In den Hamburger Gängevierteln herrschten katastrophale hygienische und soziale Bedingungen. Die schnell zwischen Industrieanlagen errichteten Mietskasernen waren oft mangelhaft ausgestattet, mit nur einer Toilette im Treppenhaus oder Hinterhof, während Kellerwohnungen feucht und Dachbodenkammern unbeheizt waren. Solche Lebensumstände führten zu einer hohen Krankheitsrate, insbesondere zu Lungentuberkulose, die als typische Arbeiterkrankheit zahlreiche Todesfälle forderte.
Gesundheitliche Herausforderungen
Etwa ein Drittel der Hamburger Einwohner lebte Ende des 19. Jahrhunderts in den Gängevierteln. Die miserable Hygiene – unrat und Kot wurden direkt in die Fleete gekippt, die auch als Wasserquelle dienten – begünstigte die Verbreitung von Krankheiten. Kinder erkrankten häufig an Scharlach, Diphtherie, Keuchhusten und Masern. Hinzu kommen Mangelkrankheiten wie Rachitis, die zu krummen Beinen führten, was in der damaligen Gesellschaft ein gewohnter Anblick war.
Die Choleraepidemie von 1892, bei der mehr als 8.500 Menschen starben, verstärkte das Bewusstsein für die Missstände. Diese Epidemien wurden häufig durch die verunreinigte Wasserqualität verursacht. Langjährige Diskussionen über den Einfluss der urbanen Bedingungen auf die Gesundheit zeigen eine klare Verbindung zwischen sanitären Mängeln und der Sterblichkeit in Städten. So bestätigte eine Studie den Zusammenhang zwischen Cholera-Infektionen und der Qualität des Abwassers in verschiedenen Städten, einschließlich Altona.
Stadtentwicklung und Reformbewegungen
Die Erkenntnis über die Notwendigkeit der Verbesserung der Wohnverhältnisse führte zu ersten Reformansätzen. Neue Wohngebiete wie Barmbek und Hammerbrook entstanden, mussten aber auch bald der Übervölkerung weichen. Gartenreformer forderten eine Rückkehr zur Natur und eine Verbesserung der Lebensqualität durch „Luft, Sonne, Bewegung“. Volksparks in Hamburg und Altona, wie der Stadtpark in Hamburg und der Volkspark in Altona, wurden als Erholungsräume geschaffen, um breiteren Schichten der Bevölkerung Entspannung und Unterhaltung zu bieten.
In Deutschland fand eine verstärkte Auseinandersetzung mit den urbanen Gesundheitsproblemen statt, die auch im internationalen Kontext relevant war. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begannen Denkansätze, wie sie in der Publikation „Stadthygiene: Gesundheit und städtischer Raum in Europa während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts“ von Heinz-Peter Schmiedebach dargelegt sind, eine bedeutende Rolle zu spielen. Diese Konzepte unterstrichen die Dringlichkeit eines strukturellen Wandels in der Stadtplanung und der öffentlichen Gesundheit.
Die Zeit um 1900 war geprägt von dem Bestreben, die Lebensverhältnisse in den Städten zu verbessern. Hier spielen gesundheitliche Reformbewegungen, die auf die kritischen sanitären Zustände reagierten, eine bedeutsame Rolle. Auch wenn die Herausforderungen enorm blieben, waren erste Schritte in Richtung einer gesünderen urbanen Lebensweise unübersehbar.
Für weitergehende Informationen zu den sozialen und gesundheitlichen Bedingungen dieser Zeit können Sie die Artikel von NDR, PMC und den Beitrag von De Gruyter nachlesen.